Eat my globe - weltweit schmecken
Eat my globe - weltweit schmecken
Es scheint, als hätte nichts sonst auf dieser Erde Bedeutung für Simon Majumdar als kulinarische Köstlichkeiten. Ein britischer Food-Blogger, ein Jahr, 30 lukullische Ziele.

„Ich liebe das Essen, und ich liebe Menschen, die bei der Erzeugung, der Zubereitung und dem Sprechen über Nahrungsmittel ebenso große Leidenschaft an den Tag legen wie ich beim Verzehr derselben“, setzt Simon Majumdar an den Anfang seines 347-seitigen Protokolls, das jede seiner Stationen angefangen in Irland, über Australien, Hongkong, Russland, Brasilien, Island, Vietnam, Indien, Mosambik, Marokko bis nach Spanien und die Türkei dokumentiert. Seine sich persönlich auferlegte Mission: Essen. Essen im Sinne von genussvollem Probieren, das gerne in Schlemmen und unaufhörliche Gaumenfreuden übergehen darf. Gut, Sätze wie „Wenn etwas einmal Augen im Gesicht und eine Mutti und einen Vati hatte, will ich es essen“ mögen auf kannibalische Wesenszüge des Autors verweisen, aber ein bisserl brutale Gnadenlosigkeit muss wohl auch in der Hosentasche mitreisen, ohne die gebratene Ratte in Yangshuo und Kabeljausperma-Sushi in Kioto wohl nicht den Weg in Majumdars Magen (und von dort wieder hinaus) gefunden hätten.

Hund, Ratte, Käse

Wer an dieser Stelle hinter „All you can eat“ ein „Simon- Majumdar-probiert-alle-Speisen-der-Welt-hauptsache-sie-sind-eklig“-Buch erahnt, sitzt im falschen Restaurant. Schließlich ist Majumdar Gourmetkritiker und noch dazu kein unbekannter. „Essen ist nicht nur das, was ich zu mir nehme, sondern es bestimmt mein ganzes Sein und all mein Tun“, rechtfertigt er seinen Wunsch, alle Speisen dieser Welt zu essen und darüber ein Buch zu schreiben. Ein Buch, das dem Brite indischer Abstammung unter anderem Black Pudding in Bury/Großbritanien, Confit der Stahlkopfforelle in Olivenöl im Tetsuya’s in Sydney, Bahn-mi – ein knuspriges Sandwich – in Vietnam, Hund in Yangshuo, mit Sulungi-Käse gefülltes georgisches Brot und Salat um 100 Pfund im besten Restaurant Moskaus Tfl und Lomu lohi – eine Lachshälfte auf eine Holzplanke genagelt und langsam über erloschenem Kohlenfeuer geräuchert – in Finnland bescherte.

30 Länder, tausende Erkenntnise

Während Majumdar in jedem bereisten Land zu allerlei persönlichen Erkenntnissen – „Bagnet, ein frittierter Schweinebauch in Manila, war eine der besten Mahlzeiten meines ganzen Lebens“ und „Die Beziehung zwischen der Auster und mir war schon jeher gespannt. Sie wird auch nach Schottland gespannt bleiben.“ – kam, stieß er in Chicago auf eine nachhaltige Tatsache. Amerikaner haben das Sandwich keinesfalls erfunden. Diese Ehre dürften die Briten für sich in Anspruch nehmen: „Aber so wie das Fußballspiel haben wir auch das Sandwich in die Welt hinausgeschickt, damit alle anderen Länder lernen, es besser zu machen.“ Sein Galgenhumor war dem Kritiker in Brasilien hilfreich, dessen lukullische Einheiten Majumdar nichts als „weh“ taten, und später auch in Island, als man ihm sauer eingelegte Widderhoden, gebratene Papageientaucher, Robbenflossen und Blodmor, die isländische Variante der Blutwurst, servierte. Seine Magensäure gipfelte in Hákarl, verdorbenem Haifischfleisch. So bleibt es rätselhaft, wie die Isländer auf die Idee kamen, Haie für drei Monate zu begraben, um ihnen so die giftigen Stoffwechselprodukte zu entziehen, die sich im Fleisch der Grönlandhaie ablagern, weil sie keine Nieren besitzen. Das Endergebnis ist ein getrocknetes, stinkendes weißes Fleisch, das man nur auf einen Sitz mit einheimischem Kartoffelschnaps mit Kümmel hinter den Schlips gießen kann. Fürs Protokoll: Das Herz einer Schlange in Vietnam ging ebenfalls nur mit einem alkoholischen Beiwagerl runter.

Kulinarisches Sightseeing

Zu unterstreichen ist aber vor allem Majumdars Sightseeing-Tour als kulinarischer Sumo-Ringer in Japan, dessen Küche er in satellitenschüsselartigen Ausmaßen und damit verbundenen nachhaltigen Gaumenfreuden noch mehr als zuvor schätzen lernte. Sein japanischer Geheimtipp: das Okonomyaki-Viertel in Hiroshima, wo wohl kaum jemand köstliche Speisen vermutet hätte. Außerdem erwähnenswert: Das Peter Luger Steakhouse, das bereits 120 Jahre auf dem Buckel hat und laut Majumdar der Traum jedes Fleischliebhabers sei. Wer auf „Lebenswasser“ steht, sollte in der schottländischen Destillerie bei Anthon Willis und Chefbrenner Malcolm Reenie erst eine Tasse Tee und dann ordentlich Whiskey tanken.

Fazit: „Dort draußen gibt es immer noch 90 Länder, deren Stempel in meinem Pass fehlen, und noch so viele Speisen, die ich gerne kosten würde.“ Majumdars Fortsetzung seiner kulinarischen Weltreise lässt Fans jetzt schon sabbern.

Autorin: Mag.a Tina Veit

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