Schwangerschaftsdiabetes - zu selten erkannt
Schwangerschafts - Diabetes - zu selten erkannt
Die Erkrankung daran führt in 50–80% der Fälle zu Typ 2 Diabetes. Eine neue Studie zeigt, dass bereits niedrigere Blutzuckerwerte als bisher angenommen den Fötus schädigen können.

Immer mehr Frauen entwickeln während der Schwangerschaft Diabetes, den so genannten Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes (GDM). „Jede 15. Schwangere ist inzwischen davon betroffen“, weiß Univ. -Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer von der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin III.

Ursache für die Erkrankung ist der durch die Schwangerschaftshormone erhöhte Bedarf an Insulin. Kann dieser in der Bauchspeicheldrüse nicht ausgeglichen werden, entsteht bei der Schwangeren Gestationsdiabetes.
Oft verschwindet der Diabetes wieder ohne weitere Komplikationen. Dies ist jedoch immer seltener der Fall. Das Risiko, nach einem Gestationsdiabetes einen Typ 2 Diabetes zu entwickeln, liegt mittlerweile bereits bei 50–80%. Dies lässt sich auch anhand von aufeinander folgenden Schwangerschaften zeigen, so Kautzky-Willer: „Immer öfter wird bei Frauen, die in einer Schwangerschaft einen Gestationsdiabetes hatten, in der darauf folgenden Schwangerschaft ein Typ 2 Diabetes diagnostiziert.“

Risiko für Mutter und Kind

Nicht nur für die Mutter, auch für das Kind bedeutet die Erkrankung ein großes Risiko. Der Fötus produziert nämlich als Antwort auf die über die Plazenta übertragenen erhöhten Blutzuckerwerte selbst mehr Insulin. Dies kann zur Entstehung von Fettdepots und zum asymmetrischen Riesenwuchs führen, wodurch Geburtsverletzungen auftreten können.

 „Weitere mögliche Folgen der erhöhten Insulinproduktion sind Atemstörungen oder Gelbsucht nach der Geburt“, so Kautzky-Willer, „im
schlimmsten Fall, wenn auch selten, der Tod des Fötus.“ Die betroffenen Kinder haben außerdem ein erhöhtes Risiko, bereits im Schulalter übergewichtig zu werden und an Diabetes zu erkranken.

Diagnose zu selten gestellt

Mehrere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Gestationsdiabetes sind bekannt – u. a. Typ 2 Diabetes in der Familie, Übergewicht, starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft oder ein Kind mit über 4.500g Geburtsgewicht in der Vorgeschichte. Dennoch wird
die Erkrankung, die meist symptomlos verläuft, zu selten erkannt.

Kautzky-Willer: „Würden alle schwangeren Frauen rechtzeitig auf Gestationsdiabetes getestet, könnten viele kindliche Schäden
vermieden werden.“ Die Österreichische Diabetes Gesellschaft fordert daher die umgehende Aufnahme des Zuckerbelastungstests in den Mutter-Kind-Pass zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche. Bei diesem einfachen Test, den der Internist, Labormediziner, Hausarzt
oder auch Gynäkologe durchführen kann, wird nüchtern sowie eine und zwei Stunden nach Verabreichung von 75 Gramm Glukose der Blutzuckerwert bestimmt.
Wird die Erkrankung rechtzeitig erkannt und therapiert, besteht für das Kind kein erhöhtes Risiko mehr. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft hat Leitlinien entwickelt, die je nach Messwerten und Risikofaktoren genaue Therapierichtlinien vorgeben. Diese reichen von Ernährungsumstellung bis Insulingabe. Kautzky-Willer: „Wir haben eine ausgezeichnete Therapie, die aber natürlich ohne Test
nicht zum Einsatz kommt. Da ein unbehandelter Gestationsdiabetes ein drei- bis vierfach höheres Risiko für schwere kindliche Komplikationen bedeutet, ist es unverantwortlich, den Test nicht im Rahmen des Mutter-Kind-Passes anzubieten! Jeder 4. intrauterine Frucht-Tod ohne klare Ursache könnte auf einen unentdeckten Gestationsdiabetes zurückzuführen sein.“

Ergebnisse der HAPO-Studie

Kürzlich wurden in den USA die Ergebnisse der internationalen HAPO-Studie präsentiert, in der über sieben Jahre hinweg 23.000 Schwangere aus neun verschiedenen Ländern beobachtet wurden. Die Studie zeigt, dass beim Zuckerbelastungstest alle drei Werte maßgeblich und voneinander unabhängig zu bewerten sind – je höher ein einzelner Blutzuckerwert, desto höher das Schwangerschaftsrisiko.
„Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie ist, dass es keinen richtigen Schwellenwert für den Blutzucker gibt, ab dem das Risiko für den Fötus deutlich ansteigt“, erklärt Kautzky-Willer.

Wie der Normbereich definiert ist, ist also schwierig zu sagen. Jedenfalls bedeuten Werte, die im höheren Normbereich liegen, ein größeres Risiko für Schwangerschaftskomplikationen als niedrige Normalwerte. „Der Fötus dürfte bei noch niedrigeren Blutzuckerwerten gefährdet sein, als bisher angenommen“, warnt Kautzky-Willer.

Quelle: Österreichische Diabetes Gesellschaft

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