Artgerechte Ernährung für den Menschen
Artgerechte Ernährung für den Menschen -
Der Slogan: “Fett macht fett” gilt nicht mehr! Auf der Suche nach den Gründen haben Ernährungsmediziner die eigentlichen Dickmacher entlarvt: Die Kohlenhydrate.
Artgerechte Ernährung für den Menschen -
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Der Slogan: “Fett macht fett” gilt nicht mehr! Weltweit essen die Menschen immer weniger Fett und werden trotzdem dicker. 60% der Deutschen sind übergewichtig, 20% davon adipös mit einem BMI über 30. Ernährungsbedingte Krankheiten belasten unser gebeuteltes Gesundheitssystem mit rund 75 Milliarden Euro pro Jahr; Tendenz steigend. Auf der Suche nach den Gründen haben Ernährungsmediziner die eigentlichen Dickmacher entlarvt: Die Kohlenhydrate. Denn Übergewicht wird seit Jahren immer häufiger festgestellt, wenn der Kohlenhydrat-Verzehr hoch ist.

Wurde vergessen, artgerecht zu essen?
Bis vor rund 7.000 Jahren lebten die Menschen als Jäger und Sammler. Ihre Nahrung bestand aus einer eiweiß- und fettreichen Kost mit geringen Anteilen von Kohlenhydraten, aber reichlich Ballaststoffen. Wer satt werden wollte, brauchte Ausdauer, Muskelkraft und körperliche Leistungsfähigkeit. Seither hat sich das menschliche Genom nicht verändert. Stattdessen unterlagen die Umweltbedingungen und Ernährungsgewohnheiten einem grundlegenden Wandel. Diese Dysbalance wird für Übergewicht und Adipositas, Herzkreislaufleiden und einige Krebserkrankungen sowie Stoffwechselentgleisungen wie Diabetes Typ-II verantwortlich gemacht. Bei unveränderten genetischen Vorgaben sitzen die Jäger und Sammler von einst heute an Schreibtischen, kaufen in Supermärkten ein und schieben abends eine Fertigpizza in den Ofen. Kann die Besinnung auf eine artgerechte Urkost des Menschen bedrückende Probleme lösen und ein Blick in die Speisekammer der Evolution den Weg in gesünderes Ernährungsverhalten ebnen?

Die guten und bösen Kohlenhydrate
Stimmung und Leistungsfähigkeit werden weitgehend von einem ausgeglichenen Blutzuckerspiegel bestimmt. Ein überhöhter Blutzuckerspiegel und zu viel Insulin im Blut sind Risikofaktoren für Übergewicht und Krankheiten. Nach einer Mahlzeit mit reichlich Stärke und Zucker, aber wenig Fett und Eiweiß schnellt der Blutzucker in die Höhe. Da die hohen Zuckerkonzentrationen für die Blutgefäße gefährlich sind, wird umgehend Insulin ausgeschüttet. Das Stoffwechsel-Hormon besitzt eine wichtige Schlüsselfunktion. Es öffnet die Körperzellen und bugsiert den Zucker aus dem Blutkreislauf. Auf diese Weise erreicht der Blutzucker nach dem Essen wieder Normalwerte. Bei reichlicher Aufnahme “böser” Kohlenhydrate und einer hohen Insulinausschüttung, schwimmt das Stoffwechsel-Hormon fortwährend im Blut und drängt hartnäckig jedes Zuckerteilchen, das ihm begegnet, in eine der umliegenden Körperzellen. Fazit: Viel Insulin sorgt dafür, dass Depotfett gebildet wird. Aus diesem Grunde ist die Blutzuckerwirkung der Kohlenhydrate aus den verzehrten Nahrungsmitteln ein Indikator für Übergewicht und Hungerattacken. Ein Beispiel für böse Kohlenhydrate ist eindeutig unser allgegenwärtiger Industriezucker. Verzehrten die Menschen vor 200 Jahren täglich 10-20 Gramm Zucker, der aus Honig, Obst und kostbarem Zuckerrohr stammte, schlägt die Zuckerflut pro Tag und Kopf mit 125-130 Gramm zu Buche und strapaziert den Glykämischen Index.

GLYX – was verbirgt sich dahinter?
GLYX ist die Abkürzung für “Glycemic Index”, auf Deutsch „Glykämischer Index“. Er beschreibt die Wirkung von Nahrungsmitteln auf den Blutzucker. Solche mit hohem Glykämischen Index werden als “böse” Kohlenhydrate bezeichnet, da sie den Blutzucker heftig in die Höhe treiben, während die “guten” Kohlenhydrate für ausgeglichenere Verhältnisse sorgen. Zu einer Glykämischen Last (GL) führt z.B. der reichliche Verzehr von Naschereien, Weizengebäck und –brot, Kartoffelknödeln, Kartoffelpüree (instant zubereitet) und Gnocchi. Niemand braucht sich von diesen Gaumenfreuden und Beilagen grundsätzlich zu verabschieden. Um Blutzucker-Eskapaden zu vermeiden und die Bauchspeicheldrüse nicht ständig zur Insulinproduktion zu stimulieren und förmlich auszuquetschen, sind lediglich kleine Portionen zu empfehlen. D.h. ein Kartoffelknödel zum Gänsebraten genügt, dafür kann man von Fleisch und Rotkohl getrost einen Happen mehr essen. Zucker- und stärkereiche Verführer beeinflussen, reichlich genossen, Gesundheit und Figur ungünstig. Unstillbaren Gelüsten auf Schokolade, Eis, Plätzchen und Pralinen kann man ohne schlechtes Gewissen nachgeben, wenn man sie als Genießerhäppchen begreift. Nur zu viel davon macht rund! Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte und Milchprodukte liefern gute Kohlenhydrate und niemand muss ohne Brot leben. Roggenvollkornbrot, Pumpernickel, Haferflocken, Getreideschrot sowie Naturreis und Kartoffeln mit der Schale verzehrt sind Kohlenhydrate ohne Glykämische Last. Sie tragen dazu bei, die Epidemie des Typ-II-Diabetes einzudämmen (der jüngste Altersdiabetiker ist gerade mal fünf Jahre alt!).

Eiweiß – ein Fitmacher
Wer Kohlenhydrate einspart, kann mit Genuss mehr Eiweiß und Fett essen. Dieser Hinweis stellt zwar alle bisherigen Ernährungsempfehlungen auf den Kopf, aber Diätgeplagte können endlich aufatmen. Nach Halbfettmargarine, Diätwürstchen und Joghurt light ist nun wieder Genuss angesagt, aber Genuss mit Köpfchen. Eiweiß unterstützt den Muskelaufbau, stärkt die Knochen und ist ein wahrer Fettburner. Um aus Nahrungseiweiß wertvolle Baustoffe für den Organismus zu gewinnen, muss der Stoffwechsel erst einmal Energie investieren. Auf diese Weise wird nach einer eiweißreichen Mahlzeit deutlich mehr Energie verbraucht als nach einem kohlenhydratreichen Essen. Wertvolles Eiweiß bieten mageres Fleisch, Meeresfrüchte, fettreicher Kaltwasserfisch, Milchprodukte, Nüsse und Samen, Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen, Vollkorngetreide und Mais. Je mehr aus dem Vollen geschöpft wird, umso besser ist die Mischung von pflanzlichem und tierischem Eiweiß. Deren Eiweißbausteine, die Aminosäuren, ergänzen sich perfekt. Wegen des zusätzlichen Energieverbrauchs bei der Verwertung von Eiweiß purzeln nach und nach die Pfunde. Der Blutzucker bleibt in der Balance und deshalb fallen Hungerattacken aus. Insgesamt werden weniger Kalorien aufgenommen. Dies ist nach Adam Riese zweifellos die wichtigste und biologischste Voraussetzung zum Abnehmen und zur nachhaltigen Gewichtsregulierung. Auch das Fettaugenzählen gehört der Vergangenheit an, wenn hochwertiges Eiweiß mit den richtigen Fetten z.B. aus Raps- und Olivenöl kombiniert wird. Diese Ernährung macht länger satt, quälender Süßhunger verschwindet und Kühlschrankplünderungen in der Nacht sind Geschichte, ebenso wie der Jo-Jo-Effekt nach zermürbenden Diätversuchen.

Ein Blick über die Grenzen
Der neue Ernährungstrend lautet “Low Carb” = kohlenhydratarm zu essen und hat sich bereits in den USA, Großbritannien, Kanada und Australien bei denjenigen durchgesetzt, die sich optimal ernähren und dabei schlank bleiben oder werden möchten. Seit Jahren wurde hierzulande eine kohlenhydratreiche Ernährung mit dem Begriff “Muskelbenzin” verbunden und es ist bekannt, dass Leistungssportler unmittelbar vor Sport und Spiel größere Portionen von Kohlenhydraten wie Spaghetti und Co verzehren. Was für Leistungssportler gilt, kann für “Schreibtischtäter” ohne sportliche Belastung nicht einfach übernommen werden. Die Zukunft wird zeigen, ob Low Carb dem rasant wachsenden Gesundheitsrisiko, dem Übergewicht und der Adipositas mit allen krankmachenden Folgen erfolgreich entgegenwirken kann.

Autor: Maria-E. Lange-Ernst
Quelle: bvf


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