Offene Grenzen – ein Europa

Zahnbehandlungen waren in Österreich noch nie billig, in den letzten Jahren wurden aber die sinkenden Förderungen der Krankenkassen für viele Patienten zum echten Problem. Viele Menschen können sich eine teure Zahnbehandlung schlichtweg nicht leisten und so verwundert es nicht, dass gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise vermehrt nach Alternativen gesucht wird. Heute stößt man im Internet sogar auf Agenturen, die sich ganz auf den „Zahntourismus“ spezialisiert haben.

Gerade in grenznahen Gebieten Österreichs suchen sich viele Menschen auch selbst Ärzte im Ausland. Vor allem Ungarn, Tschechien und Slowenien liegen günstig, Polen, Rumänien und Bulgarien locken ebenso mit deutlich niedrigeren Behandlungskosten. Möglich ist dieser Austausch erst mit der Osterweiterung der Europäischen Union am 1. Mai 2004 geworden. Denn innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten haben alle Österreicher das Recht, sich ohne Genehmigung der heimischen Krankenversicherung im Ausland ambulant behandeln zu lassen und erhalten zudem noch einen Teil der Kosten zurück.
 

Pro – wesentlich geringere Behandlungskosten

Die Liste für eine Behandlung im Ausland enthält im Wesentlichen nur einen Punkt, dieser ist jedoch von großer Bedeutung. Die Kosten für eine Behandlung sind in gewissen Ländern bis zu 70% günstiger als in Österreich. Bei Zahnimplantaten oder aufwendigen Kieferbehandlungen, die in Österreich schnell die Tausendergrenze überschreiten können, spart man also einiges.

Grund für diese Preisunterschiede ist nicht unbedingt die Qualität. In den neuen EU-Mitgliedsstaaten herrschen niedrigere Löhne, Mieten und Laborkosten. Somit geht auch bei einer weiten Anreise, gerade in Zeiten von sinkenden Flugpreisen, die Rechnung meist auf. Nahe der Grenze sprechen viele Arzte sogar Deutsch, denn natürlich haben auch diese schon den Vorteil der Situation erkannt. Viele Patienten haben dennoch immer noch Zweifel und zögern vor einer Fahrt ins Ausland.
 

Contra – Standards und die rechtliche Lage bei Problemen

Wie berechtigt diese Zweifel sind, lässt sich allgemein schwer formulieren. Wie gesagt, ist das Vorurteil der niedrigeren Qualität der Behandlungen im Ausland nicht mehr haltbar. Gerade durch den erhöhten Patientenstrom gewinnen viele ausländische Ärzte zusätzlich an Erfahrung. Von den heimischen Zahnärzten kommt erwartungsgemäß das Echo, dass viele Behandlungen im Ausland minderwertig seien und in Folge zu Komplikationen führen. Die hohen Kosten der Behandlungen in Österreich werden mit Ausbildung, Standard und Qualität gerechtfertigt. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.

Ein Argument contra dem Besuch im Ausland könnten fehlende Richtlinien der ausländischen Ärzte sein. Diese bedeuten aber nicht automatisch schlechte Arbeit, sondern erfordern vom Patienten vorab eine Klärung und Absicherung der Behandlungsweisen. Denn wichtig ist vor allem, was im Falle einer Reklamation zu tun ist. Rein rechtlich gilt innerhalb der EU eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren für Zahnersatze, wobei der Arzt nur für die Behandlung haftet, nicht aber für den Erfolg der Heilung. Zu bedenken ist auf jeden Fall, dass vom ausländischen Zahnarzt zwar die Nachbehandlungen übernommen werden können, der Patient aber für seine erneute Anreise selbst aufkommen muss.

Fragen, die sie auf jeden Fall stellen sollten

Die Diskussion um pro und contra zeigt deutlich, dass hier keine eindeutige Aussage möglich ist. Im Endeffekt muss jeder Patient die Vorteile und Risiken für sich selbst abwägen. Wenn man sich für eine Behandlung im Ausland entscheidet, kann eine gute Vorbereitung aber Gold wert sein. Deshalb ein paar Tipps: Nehmen sie sich Zeit bei der Auswahl eines Arztes. Gibt es Empfehlungen bzw. was für Erfahrungsberichte können andere Patienten liefern? Wie leben betroffene Patienten langfristig mit ihrem Zahnersatz? Rechnet sich für sie persönlich der Besuch im Ausland, wenn eventuell mehrere Behandlungen nötig sind?

Wichtig ist auch immer zu klären, was im Falle von Komplikationen geschieht. Wer haftet dafür und wie kommen sie zu ihrem Recht? Bei einer größeren Behandlung empfiehlt es sich die Ordination des Arztes vorab anzusehen und die sprachliche Verständigung zu testen. Etwaige Mängel in Hygiene oder Ausstattung würden sie so schnell bemerken. Im Falle einer Behandlung sollten sie immer gut vorbereitet sein. Nehmen sie aktuelle Röntgenbilder mit und fragen sie vorab nach den Endkosten. Erkundigen sie sich auch nach einer schriftlichen Bestätigung der Behandlung mit Auflistung der Materialien und Implantatsmarken. So haben sie im Ernstfall für eine Nachbehandlung in Österreich die wichtigsten Informationen.
 

Autorin: Claudia Wrumnig