Moleküle aus den Labors - für die Duft-Trends von morgen
Moleküle aus den Labors - für die Duft-Trends von morgen
Die Duftbranche stand in den letzten Jahren vor großen Herausforderungen: Natürliche Materialien zur Parfumherstellung werden knapp, verboten oder sollten aus Artenschutzgründen nicht mehr verwendet werden. Immer wieder hört man von einer Krisensituation in der Parfumherstellung, die die Frage aufwirft, ob es uns jemals gelingen wird, die Parfumkunst weiter zu entwickeln und ihr einen Weg in die Zukunft zu ermöglichen – egal ob mit natürlichen oder synthetischen Duftstoffen.
 
3 von 3
 
Vorhandenes schützen un die Zukunft planen
Mehr zum Thema
» Unser Geruchssinn - ein mächtiger Zauber
» Duftendes Feng-Shui - Harmonie des Raums
» Duftbrunnen - sinnlich wohnen
» Mandarine - gegen graue Stimmung
» Cajeput - sanfter Heiler

Vorhandenes schützen und die Zukunft planen

Bei Givaudan gehören die “ethical sourcing programs” zu den obersten Priori-täten. Rémi Pulvéral erklärt: “Styrax aus Honduras in reiner Qualität ist derzeit schwierig zu bekommen und deshalb arbeiten wir vor Ort mit Naturschützern an einer Lösung für ein Anbauprogramm. Auch Bergamotte muss überarbeitet werden, da die Furocumarine, die den Duft auszeichnen, lichtempfindlich sind. Wenn wir die Furocumarine entfernen, verändern wir den Charakter von Bergamotte. Der jetzt verwendete Duftstoff entfernt sich immer mehr vom Original.“

Bei IFF heißt die Devise: Existierende Rohstoffe erhalten, neue Facetten für eine interessantere Duftpalette lancieren und Bestände garantieren, auch wenn die Rohstoffe aus der Mode kommen. IFF benutzt von der Natur inspirierte Dufttechnologien aus dem berühmten New Jersey Greenhouse, um Parfumeuren neue Ideen zu bieten und für die Zukunft zu planen. Nachhaltigkeit ist dabei Pflicht, und Partnerschaften mit Farmern werden gleich für 10 Jahre festgelegt, die durchschnittliche Lebensdauer eine Plantage.


Reichtümer, die es zu entdecken gilt

„Nichts wird jemals die gesperrten Duftstoffe wie Ambergris, Tonkin Musk oder Eichenmoos ersetzen können“, erzählt IFF-Parfumeur Dominique Ropion. Trotzdem gefällt ihm der neue Patchouli-Herz-Extrakt Patchoulol, der heute in Konzentrationen bis 60% verwendet werden kann, und der nicht mehr die Terpentin- und Kamphernoten des klassischen Patchouli enthält. Auch Rhodinol, eine Geranium-Herznote aus Geraniol und Citronellol, verwendet er gerne, zum Beispiel für Géranium pour Monsieur, das er für Frederic Malle komponiert hat. Das Rhodinol stammt von chinesischem Geranium, das „weder menthol noch kampherlastig wie Geranium ist, sonder eher nach Rose mit Maiglöckchennoten duftet.“ 2009 kam ein neuer, synthetischer Rohstoff mit interessanten Nuancen auf den Markt, der vorläufig für zwei Jahre eingesetzt werden konnte: Calone. Der Stoff existierte schon eine Weile in ganz geringen Mengen in Düften, doch urplötzlich erkannte man sein wahres Potenzial. Dasselbe geschah mit Veltol, eine Karamellnote, die zum ersten Mal in Angel verwendet wurde.


Zeichen der Zeit

Was die Technologien angeht, schätzt Dominique Ropion die Möglichkeit, sich auf ganz bestimmte Elemente einer Note zu konzentrieren, wie es CO2 und molekulare Destillation bieten. Die erste Methode ermöglicht eine genauere Präzision, die wichtigen Facetten eines Duftes herauszufiltern, und die zweite kann die negativen Seiten besser beseitigen.
“Das führt zu reineren Rohstoffen, an denen wir ganz neue Facetten entdecken werden”, freut er sich. Christine Nagel und Benoist Lapouza, Parfumeure bei Fragrance Resources, sind ebenfalls begeistert von der CO2-Extraktion, besonders bei Pinkem Pfeffer, dessen Aromenvielfalt beide sehr schätzen. Als Beispiel für zwei unersetzliche Rohmaterialien nennen sie Ambrette-Moschus mit seinen warmen, animalischen Facetten, und Verbena (Eisenkraut) mit seinen bitter-frischen Noten. „Wir müssen alles daran setzen, eine vielseitige Palette an hochqualitativen Rohstoffen zu erhalten“, sagen sie unisono.

Auch Bernard Ellena, Parfumeur bei Symrise, sieht das so: Er ist fasziniert von den innovativen Möglichkeiten der CO2-Extraktion bestimmter Rohstoffe, vor allem bei Pink Pepper und Ingwer, die er gerne wegen ihrer Frische und Natürlichkeit verwendet. Seiner Meinung nach gab es in den letzten 20 Jahren nur wenige wegweisende natürliche Rohstoffe wie zum Beispiel die Magnolien-Essenz von Monique Rémy, die von Maurice Roucel in Tocade von Rochas verwendet wurde. Seine Meinung zu synthetischen Duftstoffen: „Calone ist die bahnbrechendste Erfindung der letzten zwei Jahrzehnte, aber auch AllylAmyl Glycolat, das die grünen Noten von Galbanum ersetzte, ist nicht zu unter-schätzen.“ Lyral und Lilial sind die „verbannten“ Rohstoffe, die er am meisten vermisst. „Momentan sind sie noch nicht ersetzbar. Sie werden verschmäht, da sie anfangs in Waschmitteln eingesetzt wurden. Aber was wäre Jean-Paul Gaultier’s Le Mâle ohne Lilial, oder Biagiotti’s Laura und Ungaro’s Diva ohne Lyral? Eigentlich sind alle Duftstoffe unersetzbar. Wenn uns ein Kunde bittet, Lyral oder Galaxolid in einer bestehenden Formul zu ersetzen, muss er sich darauf einstellen, dass es ein komplexer Prozess wird und dass er sich notwendigerweise auf eine leichte Abweichung des Gesamtduftes einstellen muss. Andererseits werden zukünftige Düfte solche Probleme nicht mehr haben und persönlich glaube ich, dass die Restriktionen auch die Kreativität fördern. Der Parfumeur muss sich der Situation anpassen. Selbstverständlich erscheint die Parfumindustrie auf den ersten Blick komplizierter ohne Patchouli, Hedione, Iso-E-Super oder Galaxolide – aber, wie der Dichter sagt: Der Weg beginnt mit dem ersten Schritt.“

 

Quelle: Beyond Beauty MAG #28, Autor: Sabine Chabbert

 
3 von 3
 

Artikeltitel: Kapitelübersicht


Kommentare