Frische Aufklärung - Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch
Frische Aufklärung - Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch
„Das Museum ist das Befriedigendste, was ich bisher gemacht habe.“ DDr. Christian Fiala, der Gründer des weltweit ersten Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch, im Interview.
 
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Das Museum richtet sich an alle heterosexuell aktiven Menschen. Primär ist die Zielgruppe eher die Jüngeren, wobei es alle Menschen im gebärfähigen Alter anspricht. Wir haben aber auch viele Pensionisten, die total ergriffen sind, weil sie das noch selbst erlebt haben und sagen: „Genau so war das!“ Man kann das Museum als Einzelperson besuchen, aber es bietet sich offensichtlich an, das in der Gruppe zu erleben. Es gibt eine unglaubliche Nachfrage von Schulen und Jugendgruppen. Und das ist eigentlich das Befriedigende für mich: Zu sehen, wie das von den Jugendlichen aufgenommen wird, wie das Museum genau die Fragen beantwortet, die sie haben. Ehrlich beantwortet und von den Jugendlichen in einem Ausmaß ernst genommen wird, dass sogar die meisten Lehrer sehr erstaunt sind, wie aufmerksam, interessiert und konstruktiv ihre Klassen sind.

Stießen Sie auf Hürden oder Ablehnung bei der Einrichtung des Museums?

Es war unglaublich schwierig. Zum einen gibt es nichts Vergleichbares auf der Welt und es war sehr schwierig, die Objekte zu sammeln. Oft haben alte Leute noch eine Scheidenspülung, die sie zur Hochzeit bekommen haben, oder das erste Diaphragma in irgendeiner Schuhschachtel am Dachboden hinterlassen. Die Erben haben das natürlich weggeschmissen, möglichst ohne es anzugreifen. So sind diese Informationen verloren gegangen. Es ist auch schwer, ältere Frauen und Männer dazu zu bewegen, über diese Zeiten zu erzählen. Wie unglaublich das war. Was die Menschen alles in Kauf genommen haben, wie viel Leiden, aber auch wie viel Phantasie die Leute gehabt haben.

Es gibt auch überraschend viel religiös motivierte, zum Teil auch fanatische Menschen, die ein Problem mit Sexualität haben und die jede Form der Verhütung ablehnen. Da hat es sehr emotionell verzerrte, ideologische und absurde Vorwürfe gegen das Museum gegeben. Ich habe das Gefühl, dass es Kreisen in diesem Land nicht recht ist, diese Art geschichtliche Erinnerung zu betreiben.

 

Wie finanziert sich das Museum?

Es gab keine wirtschaftliche Förderung, weil sich das niemand vorstellen konnte. Also ist es nach wie vor eine private Initiative von mir, in die ich – ich habe keine Kinder – das Erbe meines Vaters investiert habe und zu der verschiedene Spender beitragen. Aber eigentlich sollte dieser wichtige Lebensbereich vom Unterrichtsministerium oder sonstigen Stellen staatlich gefördert werden. Ich müsste da vielleicht noch einmal nachhaken, aber da gibt es immer noch viel Ablehnung von Seiten der staatlichen Stellen und die große Koalition ist sicher auch keine Hilfe.

 

Welche Rolle spielt das Erzählen von Einzelschicksalen neben dem Ausstellen unterschiedlicher Objekte?

Ganz eine große und wichtige Rolle. Es ist wesentlich, dass man begreift, dass Verhütung nur zum Teil ein mechanistisches Problem und untrennbar mit gesellschaftlichen Moralvorstellungen und Urteilen verwoben ist. Deshalb hat eine Mitarbeiterin eineinhalb Jahre ganz gezielt verschiedene Gerichtsarchive in Österreich auf Prozesse zum Schwangerschaftsabbruch durchsucht. Es ist erschütternd, was da an Schicksalen zu Tage gekommen ist. Ganz oft hatte sie das Gefühl, die Erste zu sein, die die Schachteln nach dem Verräumen wieder öffnet. Das Leben war durch die Fruchtbarkeit in einem solchen Ausmaß fremdbestimmt – da bleibt einem die Luft weg. Das macht betroffen.

 
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Kommentare
Josefine
2012-10-11 12:05:27
Das ist doch mal interessant. Dieses Museum würde ich gerne einmal mit meinen Kindern besuchen. Sie sind jetzt nämlich in dem "reifen Alter". Ich habe mich schon auf http://harri-wettstein.de/ , wie ich es meinen Kindern bestmöglich vermittle. Allerdings ist es wahrscheinlich einfacher es ihnen in einem Museum beizubringen.